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Review
Die Juroren haben sich auf der E3 in diesem Jahr förmlich überschlagen. Den Preis für das beste Spiel auf der Messe in Los Angeles bestach nicht durch fulminante Grafik und neuester Shader-Generation, nicht durch State-of-the-Art-Schnickschnack, und schon gar nicht durch revolutionäre Technik. Vielmehr waren sich die Preisverteiler einig, dass der Gestaltungstrieb von Scribblenauts entsprechend gewürdigt werden muss. Das kleine Game erscheint auf Nintendos DS und bietet eine bestenfalls durchschnittliche Strichmännchen-Optik, die man mit dem Malprogramm Paint innerhalb weniger Minuten auch selbst auf den Bildschirm zaubern könnte. Aber das Spielprinzip ist frisch und originell – und es lässt die Kreativzellen im Spielergehirn Purzelbäume schlagen.
Lies mal, wer da schreibt
Hauptdarsteller der Scribblenauts ist Maxwell, ein kleines Männchen, das mit Sonys Sackboy um die Wette grinsen könnte, wenngleich sein genähter Stoffkumpel deutlich ausgefeilter designt wurde. Maxwell ist immer auf der Suche nach so genannten Starites. Das sind Sternchen, die als Belohnung für gelöste Aufgaben vom Himmel fallen. Manchmal muss er aber auch seine Kletterkünste einsetzen, um sie zu erreichen. Das bringt uns auch gleich zum Spielprinzip, das hinter Scribblenauts steckt: Jeder Level birgt bestimmte Rätsel, die Maxwell kraft seiner Schreibgabe zu lösen hat. Gibt der Spieler mit dem Stylus ein Wort, das ihm gerade einfällt in die Software-Tastatur ein, so erscheint dieser Gegenstand und kann sogleich gebraucht werden, um die Denksportaufgabe zu meistern. Der Auftakt ist noch recht einfach: Vier Personen sind auf dem Bildschirm zu sehen, jeder ein Vertreter einer Berufsgruppe. Nun müssen zwei dieser Figuren mit Gegenständen versehen werden, die sie auch verwenden können. Gibt man dem Koch eine Bratpfanne mit auf dem Weg oder stellt man ihm einen Herd hin, damit er sofort mit dem Kochen beginnen kann? Stellt man dem Polizisten einen Gangster zur Seite, damit er ihn einbuchten kann? Alle Möglichkeiten können ausprobiert werden und führen zu bestimmten Ergebnissen. Im Falle des Polizisten ist es ratsamer, ihn mit einem Knüppel zu versehen, denn der Gangster ist ihm körperlich überlegen – und so kassiert der Schutzmann schnell ein paar Beulen.
Mit dem Stylus auf Sternenjagd
Je weiter man um die Ecke denkt, desto lustiger wird das Game. Der Wortschatz ist dabei schier unglaublich. Weit über 10.000 Gegenstände verwaltet der Taschenspieler von Nintendo, wobei das Urheberrecht eine klare Grenze setzt. Gesetzlich geschützte Gegenstände oder Figuren können nicht herbeigezaubert werden. Allzweck-Wunderwaffen wie Spiderman oder Chuck Norris bleiben also draußen und können leider nicht zur Lösung beitragen. Das wird aber trotzdem kaum die Vorstellungskraft der Spieler bremsen, wenn erst einmal die Dämonen aus H. P. Lovecrafts Romanen beschworen wurden und Cthulhu als niedliche Digitalversion durch die Szenerie läuft, um einen Kampfroboter auszuschalten. Natürlich könnte eine Katze auch mit einer Leiter vom Dach geholt werden, aber es ist ungleich witziger, Maxwell einen Raketenrucksack umzuschnallen oder gleich das ganze Haus Stockwerk um Stockwerk tiefer einzubuddeln, bis das Kätzchen bequem von allein den Erdboden erreicht. Ist die Aufgabe gelöst, streicht Maxwell seinen Starite ein und kann den Level beliebig oft wiederholen und neue Wege ausprobieren, das kleine Fellknäuel in die Arme seiner Besitzerin zu bekommen. Mehr als 200 verschiedene Missionen stehen zur Auswahl, die vom Anspruch stetig steigen. Momentan arbeiten die Entwickler noch an den richtigen Wortverknüpfungen. Noch erscheint beispielsweise das Eingabegerät für den Computer, wenn man den Begriff „Maus“ einsetzt. Aber diese Möglichkeit birgt einige Lacher und zeigt, dass man nerdiger denkt, als man meint. Schließlich könnte man die Computermaus auch mit einen Rechner verbinden, der wiederum irgendwie zur Problembehebung beiträgt.
Triumph des Absurden
Auch die abenteuerlichsten Wortverbindungen können erschaffen werden. Eine Katze kann mit einer Portion Spaghetti verknüpft und auf ein Einrad gesetzt werden. Das ist vielleicht nicht der sinnvollste Lösungsweg, sieht aber urkomisch aus und könnte Extrapunkte für Kreativität herausschinden. Nebenbei kann auch eingestellt werden, ob bei erneutem Spiel eines Levels die alten Begriffe gesperrt sind – dann müssen zwangsläufig neue Objekte zum Einsatz kommen, um die Aufgabe erfolgreich abzuschließen. Auch Wortrecycling ist möglich. Bereits verwendete Gegenstände erscheinen im Wörterbuch und können aufgerufen werden, ohne das Wort neu in die Tastatur eingeben zu müssen. Sehr faszinierend ist am Spielsystem, dass jede Altersgruppe damit angesprochen wird. Erwachsene gehen Probleme anders an, als es Kinder tun. Damit kommen die originellsten Gebilde zum Tragen, die man sich nur vorstellen kann. Obendrein stellt Scribblenauts nicht nur die von den Hardcore-Gamern gefürchteten Casual-Qualtäten unter Beweis, sondern regt auch das mentale Ideenzentrum jeder Zielgruppe an. Von der Familientauglichkeit einmal ganz zu schweigen: Hier geht es beinahe gewaltfrei zur Sache. Dass die Grafik dabei nebensächlich ist, fällt erst auf, wenn die eigene Fantasie ihre Grenzen erreicht hat. Das wird aber eine Weile dauern, denn wer verlängert nicht gerne einmal den Urlaub vom analytischen Denken?
Ausblick
Die Vorschusslorbeeren, die Scribblenauts bereits Monate vor seiner Veröffentlichung einfahren durfte, wurden bislang zu Recht verteilt. Der Kreativität werden kaum Grenzen gesetzt, das Gamedesign ist trotz seiner Einfachheit äußerst süß und die verschiedenen Parameter zum Einstellen des Schwierigkeitsgrads laden zu immer waghalsigen Tüfteleien ein. Mehr als 10.000 Wörter können ausprobiert werden. Das lässt eine unglaubliche Anzahl an Kombinationen zu. Natürlich verhalten sich einige verknüpfte Gegenstände gar nicht so, wie es vorausberechnet war, aber genau solche Situationen rufen viele Lacher hervor. Die Eingabe erfolgt über eine Touchpad-Tastatur, die mit dem Stylus bedient wird. Absurde Fantasien können immer noch zu einer effizienten Problemlösung herangezogen werden und für besonders gescheite Geistesblitze winken mehr Bonuspunkte. Die über 200 Level können auf immer wieder neue Weise angegangen und brauchen nicht in einer starren Reihenfolge abgearbeitet werden – soviel Einfallsreichtum sollte eigentlich mit erfolgreichen Abverkäufen belohnt werden, wenn das Spiel am 25. September 2009 released wird.